Höfische Bernstein-Fußschale
Jacob Heise (nachweisbar 1654-1667 in Königsberg)
Königsberg, um 1660
Bernstein
Höhe 7,7 cm, Breite 10,5 cm
Publiziert in: Laue, G.: Tresor. Schatzkunst für die Kunstkammern Europas, München 2017, S. 156-157, S. 234-235, Kat. Nr. 44; Werner, M./Laue, G.: Bernstein - Sigmar Polke - Amber, New York 2006, S. 104; Laue, G.: Bernstein. Kostbarkeiten Europäischer Kunstkammern. Amber. Treasuries for European Kunstkammer, München 2006, S. 200-201, Kat. Nr. 1; Seipel, W. (Hg.): Bernstein für Thron und Altar. Das Gold des Meeres in fürstlichen Kunst- und Schatzkammern, Ausstellung in der Alten Geistlichen Schatzkammer, Kunsthistorisches Museum Wien, Wien 2005, S. 60-61, Kat. Nr. 30.
Ausgestellt in: Michael Werner Gallery New York, „Bernstein – Sigmar Polke – Amber“, 7. November 2006–13. Januar 2007; Kunsthistorisches Museum Wien, Alte Geistliche Schatzkammer, „Bernstein für Thron und Altar. Das Gold des Meeres in fürstlichen Kunst- und Schatzkammern“, 5. Oktober 2005-29. Januar 2006
Über einem achteckigen profilierten Fuß erhebt sich über einem klaren, urnenförmigen Schaft die ovale Cuppa, die aus einem Stück transparenten Bernsteins gearbeitet ist. Der nach außen gewölbte Lippenrand ist aus mehreren Stücken flumigen Bernsteins zusammengesetzt. In den Boden der Cuppainnenseite ist ein ovales Medaillon aus transparentem Bernstein eingelassen. Es bedeckt ein aus Elfenbein geschnittenes Relief, das eine unbekleidete, liegende Frau mit einem erhobenen Weinpokal – eine Allegorie der Abundantia – zeigt. An der Wandung der Schale sind in Hochschnittechnik maritime Szenen in den klaren Bernstein geschnitten.
Geflügelte Putten auf geschuppten Meeresungeheuern bevölkern eine aufgewühlte Meereslandschaft. Ein umlaufendes Band aus Blüten- und Blattornamentik verläuft über der immer wieder durch gehörnte Fratzenköpfe unterbrochenen Szenerie. Sowohl die ungewöhnlich qualitätvolle Ausarbeitung der kleinen Bernsteinschale als auch die maritimen Darstellungen verweisen zweifelsohne auf den Königsberger Bernsteinmeister Jacob Heise. Die Zuschreibung basiert auf einem signierten Prunkgefäß in Form einer Nautilusschale, die Jacob Heise 1659 in Königsberg fertigte und die sich bis heute im Grünen Gewölbe in Dresden in nahezu perfektem Zustand erhalten hat. Bereits ursprünglich als diplomatisches Geschenk ersten Ranges konzipiert, gelangte sie 1662 als Diplomatengabe von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg an Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen (Inv. Nr. IV 340).
Eine der Dresdener vergleichbare Nautilusschale aus den Kunstsammlungen im Schloß Königsberg ist seit 1945 verschollen. Das 1654 von Heise gefertigte Prunkgefäß wies wiederum nahezu gleiche maritime Szenen mit geflügelten Putten auf Meeresungeheuern auf (Rohde 1937, Nr. 130 und 131, Taf. 55). Eine weitere, von Jacob Heise signierte und 1663 datierte Schale auf vier Kugelfüßen, die vergleichbare maritime Darstellungen zeigt, stammt aus der Schatzkammer der Fürsten Esterházy und befindet sich heute im Kunstgewerbemuseum in Budapest (Rohde 1937, Nr. 137 und 138). Die kleine Schale ist eine wichtige Ergänzung zum Werk des bedeutenden Bernsteinmeisters Jacob Heise.