Renaissance-Fassadenmöbel
Augsburg, um 1600
Furnier: Ebenholz, Padouk, Makassar-Ebenholz; Schubladen: Rüster (Ulmen), Eiche; Theater: Esche, zum Teil gebeizt, Obstholz; Konstruktionsholz: Nadelholz, Rüster (Ulmen), Eiche, Esche; Beschläge: Messing geätzt und feuervergoldet; Bronze feuervergoldet
Höhe 45,5 cm, Breite 115,5 cm, Tiefe 47,5 cm
Publiziert in: Laue, G.: Die Kunstkammer. Wunder kann man sammeln. Kunstkammer Edition, Bd. 1, München 2016, S. 8-9, 68-69, S. 118, Kat. Nr. 35, Abb. 47
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Mit seiner beachtlichen Fassadenbreite von 115 cm und mit seinen einzigartigen Öffnungsmechanismen zeichnet sich der imposante Fassadenschrank als höfisches Sammlungsmöbel ersten Rangs aus, das zweifelsohne zu den besten Erzeugnissen Augsburger Tischlerkunst aus der Zeit um 1600 zählt.
Die erste Besonderheit des Fassadenmöbels liegt darin, daß die Flügeltüren der Vorderansicht je in zwei Paneele gegliedert sind, die mit Doppelscharnieren ausgestattet sind und sich daher sowohl nach vorne als auch nach hinten klappen lassen. Typisch für Augsburger Kabinette ist das fein gearbeitete Furnier aus Ebenholz, das außen mit schlichten Marqueterien aus dunklen exotischen Hölzern sowie mit plastischen Kartuschen verziert ist und innen mit architektonischen Motiven gestaltet ist. Aber auch die raffinierten Doppelscharniere und die fein gearbeiteten, geätzten und feuervergoldeten Beschläge sind für die Qualität Augsburger Luxuswaren kennzeichnend. Bemerkenswert sind in dieser Hinsicht die Löwenmasken, die als Schubladengriffe dienen und sich auf vergleichbaren Augsburger Möbeln der Zeit um 1600 wiederfinden. Wenn die vier Klapptüren geöffnet werden, offenbart sich die breite Schubladenfassade mit regelmäßig angeordneten Ädikulä, Sprenggiebeln, Rundbogennischen und Pilastern, die das Kabinett in eine regelrechte Palastarchitektur verwandeln. Typisch für Augsburg sind zudem die Geheimschubladen und -fächer, die sich an mehreren unerwarteten Stellen verstecken. Die zentrale Tür der Schubladenfassade gibt den Blick frei in ein kleines Theater, das schlicht mit geometrischen Mustern intarsiert ist. Hinter den vier Rundbogennischen, die die Schubladenfassade gliedern, verstecken sich je zwei Geheimschubfächer: Wenn die Schublade links der Nische ganz herausgezogen wird, läßt sich die Nischenwand zur Seite schieben, um an die übereinander gelegenen Geheimfächer heranzukommen.
Im Bayerischen Nationalmuseum in München, im Nationalmuseum in Stockholm und in der Olbricht Collection in Essen/Berlin haben sich vergleichbare Kabinette mit Ebenholzfurnier erhalten, die um 1600 in Augsburg entstanden sind und ebenfalls stark architektonisch gegliedert sind. Keines dieser Kabinette weist allerdings die ungewöhnlichen Maße und raffinierten Öffnungsmechanismen auf, die das große Fassadenkabinett zu einem einzigen Kunstkammer-Möbel der Renaissance machen.